Rückfälle
Üblicherweise arbeiten wir in unserer Gruppe mit selbstgewählten Themen „themenzentriert“, es sei denn, ein Gruppenmitglied hat etwas, was ihn/sie besonders bewegt/beschäftigt, sei es, was belastet oder erfreut. Dies hat immer Vorrang.
Letzten Montag haben wir uns auf allgemeinen Wunsch jedoch den Film „Rückfälle“ mit Günter Lamprecht angesehen.
Dieser Film ist nach einhelliger Meinung der Gruppe sehr zu empfehlen. Interessierte können sich den Film auch auf YouTube unter dem Link https://www.youtube.com/watch?v=J6NFRit1Pmc anschauen.
Inhalt:
Für Manfred Burger sieht die Welt wieder normal aus: es scheint tatsächlich so, als ob er nach einer Entziehungskur seine Alkoholsucht in den Griff bekommt. Doch als er vollständig trocken ist, muss er feststellen, dass die Gesellschaft um ihn herum mit seiner Krankheit nicht umgehen kann: er verliert seinen Job, die Gewerkschaft hat kein Verständnis für ihn und die Beziehung zu seiner Frau ist stark angeschlagen. Nirgends findet Burger Halt, auch weil Alkoholismus von vielen nicht als Krankheit betrachtet wird. Der Mann entgleist daher immer mehr und die Flasche wird sein täglicher Begleiter. In lichten Momenten weiß er, dass er es nicht allein schaffen kann und sucht bei einer Therapeutin Hilfe. Doch sobald Burger wieder getrunken hat, wird er gewalttätig und schlägt seine Frau. Die Konsequenz heißt Scheidung! Alles gerät immer mehr aus der Bahn, der Kranke befindet sich in einem Teufelskreis ohne Ausweg, der zu einem fatalen Ende führt. - Die Schilderung des tragischen Schicksals von Manfred Burger ist zeitlos (der Film stammt aus 1977) aber nach wie vor von trauriger Aktualität. Autor Daniel Christoff hielt der hilflosen Gesellschaft mit diesem Film gnadenlos den Spiegel vor. Günter Lamprechts Interpretation des Manfred Burger sucht ihresgleichen. Selten war eine schauspielerische Leistung so realitätsnah und glaubwürdig wie hier. Günter Lamprecht wurde für seine Rolle als Manfred Burger mit der "Goldenen Kamera" ausgezeichnet. Ein schockierend realitätsnahes Drama und einer der besten Filme über das Thema Alkoholsucht. Eine unter die Haut gehende Geschichte, deren Titel eine tragische Doppelbedeutung hat.
Während meiner Entgiftung im LKH Düsseldorf war dieser Film „Pflicht“ für alle Patient:innen.
Auch wenn der Film aus 1977 stammt, hat sich an der gesellschaftlichen Realität sehr wenig oder fast nichts geändert.
Vieles in diesem Film spiegelt auch heute noch unsere „Suchtkarriere“ wider. Der Film sowie unsere eigene Geschichte wird Thema einer Nachbearbeitung in unseren nächsten Gruppenstunden sein.
Übrigens:
Die Deutschen sind ein trinkfestes Volk. Im Land der Dichter und Denker gilt Alkoholkonsum als berauschendes Mittel gegen schlechte Stimmung und kreativen Stau. "Es ist ein Brauch seit alters her: Wer Sorgen hat, hat auch Likör", lautet ein süffiger Reim von Wilhelm Busch, "Rotwein ist für alte Knaben / eine von den besten Gaben" ein anderer. Und der Weimarer Geheimrat Goethe schenkt gleich noch einen nach: "Solange man nüchtern ist, gefällt das Schlechte", heißt es beim Dichterfürsten. "Wenn man getrunken hat, weiß man das Rechte."
Aber im Geist des Weines, des Bieres und des Alkopops steckt oft der Teufel. Übermäßiger Alkoholkonsum kann süchtig machen. Er führt nicht zu dichterischen Höhenflügen, sondern zu körperlichem und geistigem Verfall. Die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen (WHO ) zieht deshalb die Reißleine. Sie definiert Alkoholismus 1952 offiziell als Krankheit. Alkoholkranke sind "exzessive Trinker, deren Abhängigkeit vom Alkohol einen solchen Grad erreicht, dass sie deutliche geistige und körperliche Störungen oder Konflikte in ihren mitmenschlichen Beziehungen, ihren sozialen und wirtschaftlichen Funktionen aufweisen, oder sie zeigen Vorstadien einer solchen Entwicklung", definiert die WHO. "Daher brauchen sie Behandlung". Am 18. Juni 1968 zieht das Bundessozialgericht nach. Alkoholsucht ist keine Charakterschwäche, fehlender Wille oder eine Laune. Sie ist eine Krankheit stellt das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 18. Juni 1968 fest. Seither können sich Alkoholkranke in Deutschland für ihre Entziehungskur in ambulante oder stationäre Behandlung begeben. Die Kosten der Therapie übernimmt die Kranken- oder Rentenversicherung.
Trotzdem gilt der übermäßige Genuss von Alkohol vor allem unter Jugendlichen hierzulande immer noch als Kavaliersdelikt. Das "Komasaufen" war und ist ein beliebter Freizeitspaß. Nach den zuletzt bekannten Zahlen konsumieren 7,9 Millionen Menschen der 18- bis 64-jährigen Bevölkerung in Deutschland Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Ein problematischer Alkoholkonsum liegt bei etwa 9 Millionen Personen dieser Altersgruppe vor. Bis zu 1,5 Millionen Bundesbürger gelten als abhängig.
In Deutschland starben im Jahr 2016 19.000 Frauen und 43.000 Männer an einer ausschließlich auf Alkohol zurückzuführenden Todesursache.
In der Gesellschaft herrscht eine weitgehend unkritische Einstellung zum Konsum von Alkohol vor. Durchschnittlich werden pro Kopf der Bevölkerung jährlich rund zehn Liter reinen Alkohols konsumiert. Gegenüber den Vorjahren ist eine leicht rückläufige Tendenz im Alkoholkonsum zu registrieren. Dennoch liegt Deutschland im internationalen Vergleich unverändert im oberen Drittel. Die durch Alkoholkonsum verursachten volkswirtschaftlichen Kosten betragen rund 57 Milliarden Euro pro Jahr (Jahrbuch Sucht 2023).
In Deutschland konsumieren Schätzungen zufolge über 11 Millionen Menschen Alkohol auf problematischem Niveau, Vielleicht sollte sich das Volk der Dichter und Denker statt an Wilhelm Busch und Goethe lieber an Martin Luther orientieren. Der hatte bereits im 15. Jahrhundert geschrieben: "Es ist leider gantz Deutschland mit dem Sauffen Laster geplagt".