Was tun, wenn… ?

Sucht-Selbsthilfegruppen sind eine tolle Sache – Gleichgesinnte können Erfahrungen austauschen und gemeinsam einen Weg in die zufriedene Abstinenz finden. Das Zusammensein in einer Gruppe wird vom Engagement der Gruppenmitglieder getragen. Die Gruppe steht und fällt damit, wie sich jeder Einzelne einbringt.

Nicht immer funktioniert das reibungslos und es kann Situationen geben, mit denen die Gruppe noch nicht vertraut ist. Hier wollen wir ein paar Tipps geben, wie eine Gruppe die eine oder andere Hürde meistern kann.

Stillstand in der Gruppe

Es kommen keine neuen Besucher und der Gesprächsstoff ist erschöpft. Die Gruppenstunden mutieren zum Kaffeekränzchen und auch einst begeisterte Mitglieder bleiben aus. Zu deutsch, „die Luft ist raus!“ Ursache ist häufig eine mangelnde Öffentlichkeitsarbeit. Neue Besucher können nur kommen, wenn sie wissen, dass es das Gruppenangebot gibt. 

  • Legen Sie Infomaterialien Ihrer Gruppe in Arztpraxen, Suchtberatungsstellen, öffentlichen Einrichtungen (z.B. Büchereien), Kirchengemeinden etc. aus. (vorher bei der jeweiligen Stelle um Erlaubnis bitten). Die neuen Flyer vom Blauen Kreuz sind ansprechend gestaltet und sehr informativ!
  • Informieren Sie lokale Anzeigenblätter und Tageszeitungen von Ihrem regelmäßigen Gruppentermin. Informieren Sie die Presse von Ihren Aktionen und Veranstaltungen. Für die Selbsthilfegruppen ist die Veröffentlichung solcher Meldungen meist kostenlos!
  • Stellen Sie Ihre Blaukreuz-Gruppe in Therapie-Einrichtungen und auf Entgiftungsstationen vor. Sprechen Sie einen Termin mit dem zuständigen Klinik-Sozialarbeiter ab. In den meisten Kliniken sind Selbsthilfegruppen-Vorstellungen an der Tagesordnung und sehr willkommen.
  • Präsentieren Sie sich auf sogenannten „Selbsthilfetagen“ oder Stadtfesten mit einem Informationsstand. Solche Aktionen machen Spaß und wecken Interesse in der Öffentlichkeit!
  • Kontaktieren Sie andere Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe. In der Selbsthilfe sollte es keinen Konkurrenzkampf geben – alle ziehen an einem Strang. Vom Austausch können alle nur profitieren.
  • Planen Sie gemeinsame Feste und Aktionen – z.B. Filmabende, Grillfeste, Theaterbesuche und vieles mehr. Das bringt frischen Wind in die Gruppe und stärkt das Wir-Gefühl.
  • Veranstalten Sie Themen- oder Vortragsabende zu denen Sie sich evtl. einen Therapeuten oder Psychologen einladen.

Der Rückfall eines Gruppenmitgliedes

Offen über einen Rückfall zu sprechen, erfordert viel Mut und Ehrlichkeit. Hier kommt es darauf an, wie die Gruppe darauf reagiert. Hinfallen kann jeder von uns, aber wieder aufstehen ist das Entscheidende.

  • Rückfälle kündigen sich meist durch Fernbleiben des betreffenden Mitgliedes an. Halten Sie Kontakt zu diesem Mitglied. Sinnvoll ist auch die Einrichtung einer Telefonliste, so dass alle Mitglieder die Möglichkeit haben, Kontakt untereinander zu halten. 
  • Machen Sie das Thema Rückfall öfters mal zum Hauptthema des Gruppenabends. Jedes Mitglied soll über seine Gedanken, Hoffnungen und Wünsche sprechen. Lassen Sie Gruppenmitglieder von eigenen Rückfallerfahrungen berichten.
  • Machen Sie dem/r Rückfälligen keine Vorwürfe oder Vorhaltungen, schreiben Sie ihm nichts vor. Und überhäufen Sie ihn nicht mit Fragen. Sorgen Sie für eine Atmosphäre der Offenheit und Angstfreiheit und lassen Sie den Betroffenen von sich aus erzählen.
  • Es gibt "nasse" und "trockene" Rückfälle. Der trockene Rückfall kündigt sich meist durch Großspurigkeit, Gereiztheit und übertriebene Selbstsicherheit an. Sprechen Sie das Gruppenmitglied auf dieses Verhalten hin an.

Ein neues Mitglied kommt in die Gruppe

Wie war das bei uns selbst, als wir die Gruppe zum ersten Mal aufgesucht haben? Vermutlich hat es uns große Überwindung gekostet, die Sucht oder die Coabhängigkeit einzugestehen. 

  • Machen Sie eine kurze Vorstellungsrunde, in der jedes Gruppenmitglied etwas über sich erzählt – z. B. Alter, ob betroffen oder angehörig etc. Zuletzt sollte das neue Mitglied etwas über sich erzählen.
  • Lassen Sie das neue Mitglied erzählen oder einfach auch erstmal nur zuhören und bombardieren Sie es nicht mit Fragen.
  • Die allgemeinen Gruppenregeln sollten angesprochen werden. Wichtig ist, dass das neue Mitglied weiß, dass nichts nach „draußen“ getragen werden darf etc.

Streit in der Gruppe

Die Gruppe ohne Konflikte gibt es nicht. Wann immer Menschen aufeinander treffen, kann es aufgrund verschiedener Interessen zu Meinungsverschiedenheiten kommen. Gerade Suchtkranke sind besonders harmoniebedürftig und deswegen bedarf es einer besonders sensiblen Konfliktlösung.  

  • Veranstalten Sie in regelmäßigen Abständen eine Gruppen-Inventur. Hier hat jedes Gruppenmitglied Gelegenheit, seinen Unmut zu äußern. Diskutieren Sie erst nach einer Pause über die angesprochenen Themen. 
  • Suchen Sie gemeinsam in der Gruppe nach einer Lösung. Machen Sie ein sogenanntes "Brainstorming". Das heißt jeder kann Lösungsvorschläge einbringen. Diese Lösungsvorschläge sollten von den anderen zunächst nicht kommentiert werden. 
  • Eventuell muss sogar die Gruppe neu organisiert werden, um das Problem zu lösen. Beziehen Sie alle Mitglieder dabei ein. Eventuell bedarf es auch einer Hilfe von außen. Fragen Sie diesbezüglich beim Landesverband oder in der Blaukreuz-Zentrale an.

Die Gruppe verhält sich coabhängig

Es kann vorkommen, dass sich eine gesamte Gruppe coabhängig verhält. Beispielsweise wird toleriert, dass ein Gruppenmitglied wiederholt alkoholisiert zum Gruppentreffen erscheint. Diese  Akzeptanz dient weder dem Betroffenen, noch der Gruppe.

  • Sprechen Sie das betroffene Mitglied direkt auf das Problem an.   
  • Auch wenn Sie unsicher sind, ob das Mitglied alkoholisiert ist, sprechen Sie Ihre Wahrnehmungen offen in der Gruppe an. Ein Gespräch kann für Klärung sorgen. Bieten Sie dem betroffenen Mitglied gegebenenfalls Hilfe und Unterstützung für den erneuten Anlauf an.  
  • Handeln Sie als Gruppe konsequent – sollte das Gruppenmitglied weiterhin alkoholisiert erscheinen und keine Veränderung einleiten, muss es ausgeschlossen werden.

(IAB)

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