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aus dem Blauen Kreuz

Steigender Cannabiskonsum, weniger Gesundheitsschutz!

Über die Folgen des Cannabisgesetzes für Deutschland und Europa

Wuppertal, 4. März 2024. Am Freitag, den 23. Februar 2024, wurde der Gesetzesentwurf der Bundesregierung „Zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften“ (Cannabisgesetz – CanG) durch den Bundestag gebilligt. Die Ziele des Gesetzes sind allseits bekannt: abnehmender Schwarzmarkt; weniger Kriminalität; entstigmatisierte Konsumierende; weniger verunreinigtes Cannabis; mehr Gesundheitsschutz; entlastete Polizeibeamte; wirkungsvolle Sozialarbeit. Doch welche Folgen und „Nichtfolgen“ sind tatsächlich erwartbar?[1],[2]

  1. Das Blaue Kreuz Deutschland ist fest davon überzeugt: Der Schwarzmarkt wird nicht zurückgedrängt werden! Es ist den Staaten, die Cannabis legalisiert haben, nicht gelungen, den Schwarzmarkt wirksam zu bekämpfen. Stattdessen entstehen drei Märkte: der bisherige illegale bleibt bestehen, der legale in Form der Cannabisclubs und der Graumarkt kommen hinzu. Wettbewerb entsteht. Die Preise fallen. Der Kampf um die Konsumenten nimmt zu. „Durch den Heimanbau entsteht ein zusätzlicher Graumarkt, der nicht kontrolliert werden kann.“[3] Außerdem wird Cannabis aus legalem Anbau mit giftigen Beimengungen auf dem Schwarzmarkt zu attraktiveren Preisen verkauft. Deutschland wird zur Drehscheibe des illegalen europäischen Cannabishandels. Der europäische Binnenmarkt macht‘s möglich.
     
  2. Die internationale Cannabisindustrie hat sich seit Monaten auf den 1. April 2024 in Deutschland vorbereitet. Die Cannabisclubs werden „aus dem Boden schießen“ wie die Krokusse auf den bekannten Krokuswiesen im erzgebirgischen Drebach.
     
  3. Der legale Cannabismarkt wird rasch kommerzialisiert werden. Neue Produkte werden auftauchen, die neue Konsumentengruppen ansprechen, darunter THC-haltige Bonbons und Süßigkeiten. Eine milliardenschwere Cannabisindustrie wird in ihrer politischen und wirtschaftlichen Kraft gestärkt. Mehrere der großen US-amerikanischen und kanadischen Unternehmen sind bereits auf den aufstrebenden europäischen Cannabismärkten aktiv.
     
  4. Das Blaue Kreuz Deutschland ist überzeugt: Der Cannabiskonsum wird in Deutschland signifikant steigen! Ein Jahrzehnt Legalisierung in verschiedenen Bundesstaaten der USA und fünf Jahre in Kanada zeigen, dass der Cannabiskonsum gestiegen ist, insbesondere der intensivere Konsum.
     
  5. Der Gesundheitsschutz nimmt nicht zu, sondern ab. Der Bericht 2022 des International Narcotics Control Board (INCB) fasst zusammen: „In allen Gerichtsbarkeiten, in denen Cannabis legalisiert wurde, zeigen Daten, dass Cannabis-bedingte Gesundheitsprobleme zugenommen haben … In den Vereinigten Staaten und Kanada ist die Zahl der kleinen Kinder und Jugendlichen, die zu Hause Cannabis ausgesetzt waren, vergiftet und gezwungen wurden, sich an die Giftnotrufzentrale zu wenden und eine Notfallversorgung aufzusuchen, erheblich gestiegen. Die Zahl der Frauen, die während der Schwangerschaft und Stillzeit Cannabis konsumieren, ist zusätzlich gestiegen. Immer mehr Kinder wachsen in Familien auf, in denen Erwachsene Cannabis konsumieren.“[4] Außerdem wird es spürbar mehr cannabis-bedingte Verkehrsunfälle, Todesfälle, Besuche in Notaufnahmen und Krankenhausaufenthalte geben. Kanadische Behörden berichteten, dass Cannabis inzwischen die häufigste Ursache für substanzbedingte Krankenhausaufenthalte bei jungen Menschen ist – häufiger als Alkohol.
     
  6. Das Erkrankungsrisiko steigt! Wissenschaftliche Studien werden immer mehr langfristige Folgen des Cannabiskonsums und der Legalisierung offenbaren. In den letzten Jahren wurde bei zunehmend mehr Menschen das Cannabis-Hyperemesis-Syndrom (CHS) sowie eine Epidemie schwerer Lungenerkrankungen beobachtet. Beides wird mit dem Dampfen von THC in Verbindung gebracht.
     
  7. Dem gegenüber mutet der unkonkrete Zweizeiler (!) auf der vierseitigen Pressemitteilung der Bundesregierung wie ein Aprilscherz an, das Präventionsangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) werde ausgebaut. Warum ist das konkrete Präventionsangebot nicht bereits erarbeitet? Warum startet die Kampagne nicht jetzt, um proaktiv zu handeln statt reaktiv?
     
  8. Anstatt die Suchtberatungsstellen finanziell deutlich besser auszustatten, verpflichtet das verabschiedete Cannabis-Gesetz (§ 23) die Vorstände der „Anbauvereinigungen“, jeweils ein Mitglied als Präventionsbeauftragten zu ernennen. Dies erachtet das Blaue Kreuz Deutschland als realitätsfremd. Es ist vergleichbar mit einem Schankwirt, der Alkoholprävention betreiben soll und zugleich davon lebt, dass der Alkoholverkauf sein Einkommen sichert.
     
  9. Der Jugendschutz wird nicht eingehalten! Die 25 g Gramm Cannabis pro Tag, die 21-Jährige höchstens zum Eigenkonsum erhalten dürfen, werden nicht kontrolliert werden können. Beamte werden nicht entlastet. Laut des Vorsitzenden des Verbandes Bundespolizei/Zoll, Thomas Mischke, könnte man jetzt schon sagen, dass die Bekämpfung des Rauschgifthandels etwas vom Kampf gegen Windmühlenflügel hat.[5] Aus Sicht des Blauen Kreuzes muss es schon an den Kapazitäten scheitern, die nötig sind, um die vielen Vorschriften im Cannabis-Gesetz auf Einhaltung zu kontrollieren. Die unzähligen Cannabisclubs können somit nicht kontrolliert und die Grenzwerte nur stichprobenhaft geprüft werden.
     
  10. Die Sozialarbeit wird nicht verbessert! Suchtberatungsstellen kämpfen um ihr finanzielles Überleben. Die seit langem geforderte bessere finanzielle Ausstattung ist bisher nicht erfolgt. Die zukünftig in die Beratungsstellen strömenden Cannabiskonsumenten bzw. deren Angehörige werden nicht entsprechend versorgt, da Fachpersonal fehlt. Die Struktur der Beratungsstellen sollte ebenso zur Prävention vor Ort für Konsumierende und Angehörige genutzt werden können.

Ohne Frage ist es gut, Cannabiskonsumenten zu entkriminalisieren. Sie brauchen sozialpädagogische und -therapeutische Begleitung. Doch das Kind mit dem Bad auszuschütten, ist der falsche Weg. Vielmehr braucht es ein gemeinsames Handeln auf europäischer Ebene und keinen deutschen Alleingang.


[1] Auf der Basis bisheriger Studien. Siehe dazu World Federation Against Drugs – WFAD (12.04.2023) Subject: Germany’s plan to legalise Cannabis is a challenge to EU law and global efforts to reduce drug-related harm. In: https://wfad.se/activity/news/open-letter-to-the-european-commission-supported-by-20-european-organisations-on-germanys-plans-to-legalise-cannabis-call-for-further-support/

[2] Blaues Kreuz Deutschland (2023) Wir brauchen mehr Suchtprävention, nicht weniger! In: https://www.blaues-kreuz.de/de/blaues-kreuz/neuigkeiten-und-presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/news/wir-brauchen-mehr-suchtpraevention-nicht-weniger/?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=d9ed7100709eec5753ab6984daa81765

[3] World Federation Against Drugs – WFAD (09.02.2024) Die Legalisierung von Cannabis ist eine schlechte, schädliche Alternative für Europa. S 1.

[4] World Federation Against Drugs – WFAD (09.02.2024) Die Legalisierung von Cannabis ist eine schlechte, schädliche Alternative für Europa. S 1.

[5] Bund Deutscher Kriminalbeamter (2021) „Mocro-Mafia“ & Co Drogenparadies Deutschland - Ein Fahnder berichet. In: https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/mocro-mafia-co-drogenparadies-deutschland-ein-fahnder-berichet 


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Das Blaue Kreuz Deutschland unterstützt suchtgefährdete und suchtkranke Menschen sowie Angehörige. Mit seinen 132 fachlichen Angeboten bietet das Blaue Kreuz hilfreiche Angebote, damit Menschen ihr Ziel erreichen: befreit leben lernen. An 360 Standorten mit 1.050 Gruppen- und Vereinsangeboten engagieren sich ehren- und hauptamtlich Mitarbeitende für abhängige Menschen und Angehörige. Mit blu:prevent, der innovativen und erfolgreichen Suchtpräventionsarbeit, setzt sich das Blaue Kreuz dafür ein, die Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen so zu stärken, dass ein Leben ohne Abhängigkeit gelingen kann.

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